Fällt Gastro-Rauchverbot wirklich?
In den Koalitionsverhandlungen haben sich ÖVP und FPÖ auf den Fall des totalen Rauchverbotes in der Gastronomie geeinigt. Der Gegenwind ist inzwischen stärker geworden, eine Regelung fehlt noch.
Was für die Gegner des absoluten Rauchverbotes in der Gastronomie, wie es von der “alten” Regierungskoalition zwischen SPÖ und ÖVP bereits beschlossen worden war, nach einem Triumphzug ausgesehen hatte, wird zur Zitterpartie: Drei Monate nach der Einigung der neuen Regierungskoalition zwischen ÖVP und FPÖ, das totale Rauchverbot ab Mai durch das “Berliner Modell” mit Ausnahmen zu ersetzen, fehlt noch jede gesetzliche Regelung für den ausverhandelten Neuzustand. Noch nicht einmal ein Zeitplan für den notwendigen Gesetzesbeschluss war bis zum Redaktionsschluss dieser Ausabe von Filterlos in Aussicht gestellt worden. Unterdessen erhöhten die Befürworter von gänzlich rauchfreien Lokalen den Druck.
Nach derzeit geltender Gesetzeslage soll das absolute Rauchverbot in der Gastronomie im Mai heurigen Jahres in Kraft treten. Vor allem auf Betreiben der FPÖ hatte sich die neue Regierungskoalition im November bei ihren Verhandlungen jedoch darauf geeinigt, dieses Gesetz aus der Ära der SPÖ-ÖVP-Regierungszusammenarbeit zu Fall zu bringen und durch das sogenannte “Berliner Modell” zu ersetzen. Dieses sieht zwar ebenfalls ein grundsätzliches Verbot des Rauchens in Gaststätten vor, definiert aber einige Ausnahmen von dieser Regel. Diese gelten in extra ausgewiesenen, völlig vom Nichtraucherbereich abgetrennten und geschlossenen Nebenräumen in Gaststätten mit mehreren Räumen sowie in der “getränkegeprägten Kleingastronomie”, wenn die Gaststätte nicht über einen abgetrennten Nebenraum verfügt, die Grundfläche des Gastraumes weniger als 75 Quadratmeter beträgt, Personen unter 18 Jahren der Zutritt nicht gestattet wird, keine vor Ort zubereiteten Speisen serviert werden, die Gaststätte durch deutlich sichtbare Hinweise im Eingangsbereich als Rauchergaststätte gekennzeichnet ist und der Betrieb der Rauchergaststätte den Behörden angezeigt wurde.
Altersgrenzenanhebung bleibt
Während jene Gastwirte, die ihre Betriebe weiterhin als Raucherbetriebe führen wollen, bislang vergeblich auf die versprochene gesetzliche Regelung warten, die das derzeit noch angekündigte totale Gastro-Rauchverbot zu Fall bringen soll, bleiben andere vom “alten” Parlament beschlossene Verschärfungen der Raucherregelungen in Österreich aufrecht. Das generelle Rauchverbot im Land wird von 16 auf 18 Jahre angehoben – was zur kuriosen Situation führt, dass beispielsweise 17-Jährige, die seit einem Jahr legal ihre Zigaretten in der Trafik erwerben durften, künftig vom Trafikanten ein Jahr lang zurückgewiesen werden müssen. In Lokalen dürfen unter 18-Jährige nach den Plänen von ÖVP und FPÖ nicht mehr im Raucherbereich sitzen – wenn die versprochene Neuregelung tatsächlich kommt. Sonst gibt es diesen Raucherbereich ja gar nicht. Und: Selbst in Autos wird es in Zukunft ein Rauchverbot geben, wenn Kinder und/oder Jugendliche unter 18 Jahren mit an Bord sind.
Trafikanten gegen Absolut-Verbot
Das Bundesgremium der österreichischen Tabaktrafikanten hatte sich in der Diskussion von Beginn an auf die Seite der Gastronomen gestellt, wie Bundesgremialobmann Josef Prirschl gegenüber Filterlos bestätigte: “Aus unserer Sicht sowie aus Sicht unserer Kundinnen und Kunden soll ein Rauchen in der Gastronomie nach den derzeit noch geltenden Regelungen weiter möglich sein. Das ab Mai vorgesehene totale Rauchverbot muss daher wieder aufgehoben werden!” Das Bundesgremium habe diese Forderung ebenso wie jene nach einer Novellierung des Tabakgesetzes zu Gunsten einer praktikablen Raucherregelung für Fachveranstaltungen der Tabakbranche mit ausschließlichem Zutritt für Fachbesucher bei der Politik deponiert. Man hoffe auf eine schnelle Umsetzung der erforderlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen, erklärte der Bundesgremialobmann.
Ärzteschaft will Volksbegehren
Unterdessen haben die Befürworter eines totalen Rauchverbotes in der Gastronomie stark aufgerüstet: Mehr als 250.000 Menschen im Land hätten bereits eine Online-Petition der Österreichischen Krebshilfe unter dem Titel “Don’t smoke – das Nichtrauchergesetz muss bleiben” unterzeichnet, erklärte Paul Sevelda, Präsident der Österreichischen Krebshilfe und Vorstand der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe im Krankenhaus Wien-Hietzing, anlässlich einer Pressekonferenz zum Weltkrebstag am 2. Februar. Er warnte die neue ÖVP-FPÖ-Regierung vor der Umsetzung ihrer Pläne zur Kippung des 2015 beschlossenen Nichtraucherschutzgesetzes: “Während europaweit Regierungen entsprechende Maßnahmen ergreifen, um Rauchern beim Rauchausstieg zu helfen und Nichtraucher vor dem Passivrauch zu schützen, liefert Österreich seit Jahren einen verantwortungslosen Zickzack-Kurs!”
Der Schritt der Regierung in ihrem Regierungsprogramm, das bereits beschlossene Verbot doch nicht umzusetzen, sei auf Empörung und großes Unverständnis nicht nur in der Ärzteschaft, sondern in der gesamten Bevölkerung gestoßen. Diese Empörung sei auch deshalb so groß, weil Österreich mit einem Anteil von 27 Prozent rauchender Jugendlicher neben Island in Europa an erster Stelle stehe. Die Wiener Ärztekammer geht sogar einen Schritt weiter: Sie will ein Volksbegehren einleiten, das mindestens 100.000 Unterschriften erreichen soll, erklärte Präsident Thomas Szekeres in der Zeitung Österreich. Diese Zahl ist notwendig, damit sich das Parlament mit dem Thema befassen muss. Danach hofft die Ärzteschaft, dass es zu einer Volksabstimmung übers Rauchverbot in der Gastronomie kommt.